Innenansichten aus dem Erstaufnahmelager auf der Bühne
Samstag, 30. Juli; 17-21 Uhr; Villa Sauer, Bahnhofstraße 20, Suhl
KOSTENFREI
Im Sommer 2021 kamen Künstler:innen und Laien-Darsteller:innen aus der ganzen Welt zusammen, die zum größten Teil selbst das Erstaufnahmelager auf dem Suhler Friedberg erlebt haben. In einer Reihe von Workshops entwickelten sie bis zum Frühjahr eine Theaterperformance zu ihren Erfahrungen dort, aber auch zu ihren Erinnerungen und Sehnsüchten. Teile des Stücks werden nun in der Sauer-Villa gezeigt. In einer Debatte und beim gemeinsamen Essen soll es darum gehen, wie wir Grenzen überwinden und ein menschenwürdiges Leben für alle schaffen können.
„Und was haben Sie?“ – „Ich habe Schmerzen! Ich kann nicht atmen!“ – „Kannst du bitte einmal Paracetamol aufschreiben? Sie soll 10-mal am Tag Paracetamol nehmen. Wir geben ihr gleich zwei Rezepte, dann hat sie ihre Ruhe.“ Was hier in einem Dialog aus dem Theaterstück „Im Eisernen Herzen Thüringens“ sarkastisch übertrieben dargestellt ist, beruht auf den wahren Erfahrungen vieler Menschen im Erstaufnahmelager in Suhl. Immer wieder berichten sie, auch bei gefährlichen Erkrankungen nicht zu Fachärzt*innen zu dürfen, und so hat sich der schwarze Humor über „Doktor Paracetamol“ verbreitet.
Neben der absolut unzureichenden medizinischen Versorgung, haben Organisationen wie Lagerwatch Thüringen und der Flüchtlingsrat Thüringen in der Vergangenheit auch immer wieder das unzureichende Essen, fehlende Privatsphäre, ein intransparentes System von Transfers, fehlende Vorbereitung auf Interviews zum Asylverfahren und Gewalt durch einzelne Security-Mitarbeitende angeprangert, wie sie auch im Herbst 2020 und 2021 in der Presse veröffentlicht wurde. Dabei stützen sie sich vor allem auf die vielen Berichte von Bewohner*innen selbst und wollen sie dabei stärken, aus ihrer eigenen Perspektive zu berichten und für die eignen Rechte einzutreten.
So entstand auch 2021 beim Flüchtlingsrat angesiedelt das Theaterprojekt „Im eisernen Herzen“. In einem Prozess aus vielen Theaterworkshops der teilnehmenden Menschen aus sieben unterschiedlichen Ländern mit dem Regisseur Moritz Schönecker wuchs eine transkulturelle Gemeinschaft und es entstand schließlich eine theatralische Collage aus Szenen aus dem Lager, reflektierenden Theaterübungen, Erzählungen aus der Heimat, Gedichten und Gesprächen, wie auch Musik- und Tanz-Performances. Im Dezember 2021 konnte ein Zwischenstand erstmalig präsentiert werden, im Februar 2022 feierte das Stück Premiere am Theaterhaus Jena – aufgrund der Corona-Bestimmungen allerdings leider nur online.
Am Samstag, den 30.7. soll nun endlich das „Eiserne Herz“ zurück nach Suhl kommen, in einer Kooperation aus Provinzkultur e.V. und dem Suhler Bündnis für Demokratie und Toleranz, gegen Rechtsextremismus und dank der Förderung des Lokalen Aktionsplans „Suhl bekennt Farbe“. Ab 17 Uhr wird eine Auswahl der eindrücklichsten Szenen in einer Mischung aus Video-Screening und Live-Performances gezeigt. Danach sind die Besucher*innen eingeladen, in einer Debatte gemeinsam nachzudenken, was wir tun können, damit schutzsuchende Menschen in Thüringen wirklich eine sichere neue Heimat finden könnten.
„Konkret helfen, wenn Kleidung oder Spielsachen gebraucht werden, ist wichtig. Und gleichzeitig besteht das Lager nun schon seit 2014 und das Leben der Bewohner*innen hat sich nicht verbessert. Deswegen müssen wir als Gesellschaft auch darüber nachdenken, warum wir vor Verfolgung, Hunger oder Krieg geflohenen Menschen weiterhin einem Leben aussetzen, das wir selbst nicht leben wollen würden, und wie wir etwas daran ändern können“, betont Rafael Brix vom Bündnis. „Und dabei müssen vor allem die Menschen im Mittelpunkt stehen, die selbst von den Gesetzen und Vorschriften betroffen sind. Deswegen haben wir für Samstag auch Dolmetscher*innen eingeladen, so dass sich hoffentlich möglichst viele an einem Austausch auf Augenhöhe beteiligen können.“
Von dem Zusammenkommen am Samstagnachmittag in der Sauer-Villa erhoffen sich die Veranstalter*innen, die gesellschaftliche Isolation der geflüchteten Menschen etwas abzubauen, auf einer direkten menschlichen Ebene Verständnis zu schaffen und vielleicht auch neue langfristige Verbindungen und Kooperationen entstehen zu lassen.
Entsprechend § 6 Abs. 1 VersG sind Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, von der Versammlung ausgeschlossen. Die Veranstalter behalten sich vor von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen.
Fakten
Was: Innenansichten aus dem Erstaufnahmelager auf der Bühne
Wer: mehrere Akteure
Wann: Samstag, 30. Juli 2022, von 17-21 Uhr,
Wo: Villa Sauer, Bahnhofstraße 20, Suhl
KOSTENFREI
Wir freuen uns über eine Information Ihrer Leser, Zuhörer und Zuschauer und über Ihre damit verbundene Unterstützung!
Vielen Dank im Voraus,
Doreen Hopf-Traut
Projektmanagerin Provinzkultur e.V.