Mit Horst Wiegand aus Steinheid hat der erstmals mitteldeutschlandweit ausgeschriebene Lyrikpreis zu Ehren des südthüringer Dichters Walter Werner einen würdigen Sieger gefunden. Der 77-Jährige pensionierte Musiklehrer, der seit vielen Jahren schreibt und in Südthüringen längst kein literarisch Unbekannter mehr ist, konnte mit seinen drei eingereichten Gedichten die Jury überzeugen, die ihn einstimmig zum Sieger wählte.
„Horst Wiegand gelingt es, mit unverwechselbar eigener Stimme den südthüringer Lebensraum zur Sprache zu bringen“, lautet die Begründung der Jury zur Preisvergabe. „Durch strenge Verdichtung erschafft er unverbrauchte Bilder von hoher Musikalität. Mit wenigen Worten rückt er Alltägliches in traumhafte Ferne und bringt es uns dadurch poetisch nahe. Darin erweist er sich Walter Werner verwandt, und zeigt sich doch ganz und gar eigenständig.“ Auch Walter Werner, 1922 als unehelicher Sohn einer Tagelöhnerin geboren, „war ein Verdichter des Alltags, der den Zauber des Gewöhnlichen zur Sprache brachte. Nicht Herbert Roth, der stille Wanderer Walter Werner war der wirkliche Sänger des Thüringer Waldes, dessen Stimme wie die Bäume tief im Grund des Lebendigen verwurzelt war. Aus diesen Wurzeln bezog er jene Souveränität, die gegen alles Modische immun macht, deren Zeichen eine Sprache ist, die sich für alles und jeden öffnet“, so die Jury weiter. Platz 2 ging an Kristina Stanczewski aus Leipzig, Platz 3 an Christian Rosenau aus Nohra (Ulla) und Platz 4 an den Weimarer Prof. Dr. Olaf Weber.
Mut und Ermutigung, Lyrik ein Podium zu geben
Die feierliche Preisverleihung fand am Freitag, den 16. November, in der Suhler Stadtbücherei statt. Mehr als 80 interessierte Lyrikfans lauschten den von den Prämierten selbst vorgetragenen Gedichten und der einfühlsamen Musik von Renate Kubisch aus Meiningen, die zu jedem vorgetragenen Gedicht ihrem E-Cello die passenden Melodien entlockte.
Mit dem Walter Werner-Lyrikpreis haben die Veranstalter vom Verein PROVINZKULTUR und von der Stadtbücherei Suhl erstmals einen Wettbewerb ausgeschrieben, der sich nicht an eine bestimmte Altersgruppe wendet, sondern der Jung und Alt vereinen will – und das ausgerechnet mit Gedichten. Dr. Jens-Fietje Dwars, Vorsitzender der Jury, findet es „doppelt mutig und eine Ermutigung für andere: ein Literaturwettbewerb, der nicht von den Zentren des literarischen Lebens in Thüringen ausgeht, weder vom Klassik-Mekka Weimar noch von den pulsierenden Universitätsstädten Erfurt und Jena. Und der sich zur Lyrik bekennt, die doch vermeintlich so schwer zu verstehen ist, selten gelesen und noch seltener gekauft wird.“
Die meisten Einsendungen kamen übrigens aus Thüringen, manche auch aus dem benachbarten Franken, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Die Altersspanne der Einsender reichte von 16 bis 88 Jahren, und so vielfältig wie die damit verbundenen Lebenserfahrungen waren denn auch die Beiträge.
von links: Prof. Dr. Olaf Weber / 4. Platz; Diana Hellwig; Horst Wiegand / 1. Platz; Kristina Stanczewski / 2. Platz; hinten: Dietrich Hucke; Dr. med. Jörg Martin Pönnighaus