Die letzten drei, vier Wochen waren ziemlich intensiv und bewegend. Über 20 Kulturveranstaltungen unseres Vereins Provinzkultur am Stück, also nahezu jeden zweiten Tag gab’s Literatur, Musik, Theater oder Filme.
Los gings mit dem großen Friedenskonzert am 18.08. auf dem Platz der Deutschen Einheit. Mehr als 20 Künstler, Musiker, Autoren, Schauspieler und Mediziner standen gemeinsam auf einer Bühne, um ein Signal für den Frieden auf dieser Erde zu senden – und über den verregneten Tag kamen schätzungsweise um die 1600 Besucher.
Kultur kann verbinden, kann Gräben in der Gesellschaft überwinden und kann Menschen Hoffnung geben, dass noch nicht alles verloren ist.
Obwohl die Organisation dieses Konzertes mehr als kräfteraubend war, ging es am darauffolgenden Mittwoch in unserem StuKi-Kino in Zella-Mehlis weiter. Am Wochenende konnten sich die Kleinen unserer Gesellschaft beim KinderProvinzschrei im Bürgerhaus, wiederum in Zella-Mehlis, austoben.
Kultur kann viel Spaß machen und Jung und Alt zusammen bringen.
Danach gab es fünf umjubelte Aufführungen des Volkstheaters Rumpel Pumpel in Schleusingen (80 Gäste), Dietzhausen (180 Gäste), Suhl (30 Gäste), Oberhof (75 Gäste) und zum krönenden Abschluss vor beeindruckender Kulisse im Auslauf der Inselbergschanze in Brotterode mit 200 Zuschauern. Ein Wahnsinn…
Kultur kann Menschen auch in digitalen Zeiten und an ungewöhnlichen Orten verbinden und zueinander führen.
Schließlich folgten erneut ein Film im Stuki und dann zwei überaus tiefgehende Lesungen der Schauspieler Annett Renneberg und Bernhard Bettermann – im Stadttheater Hildburghausen und im Comödienhaus in Bad Liebenstein. Die Künstler lasen aus den Liebesbriefen des NS-Widerständlers Helmuth James von Moltke und seiner Frau Freya. Moltke saß zu jener Zeit in der Todeszelle und wartete auf seine Hinrichtung. Es waren traurige, tragische, bedrückende und intime Zeugnisse zweier Menschen, die wussten, dass einer von ihnen bald nicht mehr da sein würde. Das Programm war so intensiv, dass ich den Tränen mehr als einmal nahe war, obwohl ich hinter der Bühne die Fotodokumentation bedienen musste. Die Angst vor dem nahen Tod und zugleich die unglaublich starken Gefühle der Liebe zwischen den beiden Moltkes, bzw. den Darstellern, waren für das Publikum im Saal regelrecht greifbar.
Kultur kann Emotionen wecken, Erinnerungen wachhalten, mahnen und wütend machen.
Danach gab es eine musikalisch-szenische Lesung mit Isabell Gerschke und Christian Näthe, die in einem wunderbar kurzweiligen Abend in der Villa Sauer aus André Kubiczeks Buch „Skizzen eines Sommers“ lasen und dazu gleich den passenden Soundtrack lieferten. Die Discokugel glitzerte und ich war innerhalb kürzester Zeit zurückversetzt in die spannende und rasante Vorwendezeit.
Kultur kann unterhalten, vergnüglich sein und die Menschen zum Lachen bringen.
Im StuKi schließlich spielten wir „Bob Marley – One Love“. Was für ein schöner Film.
Ja, Kultur kann auch schön sein, und laut und bunt.
Und unsere beiden Ausstellungen in der Galerie im Suhl (10 Jahre StraßenTheater Festival) und in Zella-Mehlis (Eva Skupin) waren ja auch noch geöffnet und begrüßten Besucher.
Wir haben in diesem kurzen Zeitraum ungefähr 2.700 Menschen mit unseren kulturellen Angeboten direkt, also „in echt“ erreicht. Das ist ne Menge. Hinzu kommen über 8.000 Kommentare und Reaktionen auf unsere Veranstaltungen im Netz und circa 60.000 „Insights“.
Kultur kann also durchaus auch Massen erreichen und – ohne seichter Mainstream zu sein – mit künstlerischem Niveau und ansprechenden Inhalten die Menschen motivieren, Kultur und Kunst zu genießen.
Und nach den Veranstaltungen sitzt man mit den Akteuren zusammen, erfährt Hintergründe, lernt die Künstler persönlich kennen und alles wird noch verständlicher und inniger, als es die einzelnen Programme ohnehin schon durch ihre Inhalte darzustellen vermögen. Man muss auch nicht jedesmal „Promi-Fotos“ machen, denn Erlebtes bleibt im Kopf, wenn es berührt.
Kultur führt zusammen und vereint Menschen in Echtzeit. Kultur ist Austausch und Kommunikation. Kultur schafft Freundschaft.
Kunst und Kultur – können sie unsere Welt retten? Kunst, Kultur und Liebe? Kunst, Kultur und Liebe, und Bildung, und Werte, und Toleranz, und Verständnis, und Gerechtigkeit?
Was meint ihr?